10. April 2004
Aus dem Jahr 1937 oder 1938 stammt dieses Foto. In dieser Zeit fuhr Johannes Martin (rechts) auf U-35. Später wurde er auf U-31 abkommandiert. Beide U-Boote erlebten das Ende des Krieges nicht. Von englischen Zerstörern umzingelt, versenkte sich U-35 im November 1939 selbst; ein Jahr später machte ein ebenfalls britischer Zerstörer U-31 den Garaus.
Geschichte endet in Fluten des Atlantiks
US-Autor recherchiert über U-Boot und bittet Nordenhamerin um
Hilfe
Nordenham (gl). Als Monika Neumann jetzt ein dickes Postpaket in
ihrem Briefkasten fand, dachte sie, es handele sich um einen Werbekatalog. Erst
stutzte sie über den Absender - Silver Spring in Maryland, USA -, dann über
den Inhalt: Das Paket enthielt das Manuskript für ein Buch, das unter anderem
von Monika Neumanns Vater handelt. Es ist eine Dokumentation über das U-Boot
U-35.
„U-35 - Hurra, Hurra, Hurra!“ - so lautet der Titel des Buches,
das im November zunächst auf Englisch, kurz darauf auf Deutsch, erscheinen
soll. Der Autor ist Hans U. Mair aus Silver Spring im US-Bundesstaat Maryland.
Der
Amerikaner, Jahrgang 1960, arbeitet an dem Thema U-35 bereits seit fünf Jahren.
Sein Großonkel war leitender Ingenieur auf dem Boot, das sich am 29. November
1939 - umzingelt von englischen Zerstörern - in der Nordsee selbst versenkte. „U-35
- Hurra, Hurra, Hurra! “
sollen die Besatzungsmitglieder, die allesamt gerettet wurden, gerufen haben,
als das Boot unterging.
Diese Szenen erlebte Johannes Martin nicht mit: Denn als U-35 in
den eiskalten Fluten der Nordsee versank, fuhr der Vater von Monika Neumann
bereits auf U-31. In den Jahren 1937 und 1938 gehörte Johannes Martin jedoch
zur Besatzung von U-35.
Aus diesem Grund hat Hans U. Mair nun auch die Tochter des
ehemaligen Maschinenobergefreiten angeschrieben und sie gebeten, ihn mit Bildern
und Informationen bei seinen Recherchen zu unterstützen. Das wird Monika
Neumann gerne tun. Sie ist stolz darauf, dass ihr Vater in einem Buch erwähnt
wird und auf Bildern zu sehen ist. „Und er selbst wäre auch stolz gewesen“,
ist Monika Neumann überzeugt.
U-35 galt als Unglücksboot. Ein Teil dieses Unglücks hat der 1915
im schleswig-holsteinischen Husum geborene Johannes Martin miterlebt. 1937 wurde
das Boot von einem Frachter gerammt, ein Jahr später von dem Panzerschiff
„Admiral Graf Spee“ überfahren und schwer beschädigt.
Stahlhelm geheiratet
Johannes Martin wechselte auf U-31. Glück war auch diesem Boot
nicht beschieden. Am 11. März des Jahres 1940 wurde es in Wilhelmshaven von
einer Fliegerbombe stark in Mitleidenschaft gezogen, jedoch wieder in Stand
gesetzt.
Endgültig den Garaus machte dem Boot am 2. November 1940 vor der Küste
Nordirlands der britische Zerstörer „Antelope“. U-31 versank im Atlantik.
Zwei Seeleute ertranken. Die anderen wurden von dem Zerstörer an Bord genommen,
unter ihnen auch Johannes Martin. Die Gefangenschaft verbrachte der Seemann in
Kanada.
Seine Frau, die gebürtige Nordenhamerin Anneliese Barre, heiratete
Johannes Martin 1942 in Abwesenheit. „Meine Mutter hatte bei der Hochzeit nur
einen Stahlhelm neben sich liegen“, sagt Monika Neumann. 1947 kehrte Johannes
Martin aus der Gefangenschaft zurück nach Husum.
Tochter setzt Tradition fort
Als U-Boot-Fahrer hat Johannes Martin
viel durchgemacht, schlimme
Dinge erlebt. Erinnert hat er sich Zeit seines Lebens aber vor allem an die
Kameradschaft, den Zusammenhalt unter den Seeleuten, der über den Krieg hinaus
bestand und besteht. Bis zu seinem Tod im Jahr 1986 hat Johannes Martin regelmäßig
an Treffen der ehemaligen U-Boot-Fahrer teilgenommen. Diese Tradition setzt
inzwischen seine Tochter fort. Drei Besatzungsmitglieder von U-31 leben noch.
Auf die Reise in die USA soll nun unter anderem ein gerahmtes Bild
von U-35 gehen. Das Foto selbst wird Hans U. Mair langst in seinem Bestand
haben. Interessant ist jedoch die Rückseite. Auf der haben zum Abschied alle
Kameraden unterschrieben, als Johannes Martin von Bord ging.
U-35 auf hoher See - auf der Rückseite des gerahmten Bildes, das
Monika Neumann verwahrt, haben die ehemaligen Kameraden ihres Vaters
unterschrieben.
[Kleine Korrekturen wurden von Hans U. Mair gemacht. Im Bild sind auch Felix Seitz, Erich Rosemann und Ernst König erkennbar.]