Unter dem donnernden Bersten der Wasserbomben kreischten und krachten die Spanten bei dem Gewaltigen Druck in mehr als hundert Meter Wassertiefe. Nietenköpfe sprangen knallend ab. Die Besatzung schlich gleichsam durch das U-Bott. Trotz des Infernos drau�Ÿen musste sie jeden Lärm vermeiden, um den Verfolgern die Ortung zu erschweren. - Erinnerungen an den Seekrieg, den voriges Jahr noch der Film �€žDas Boot�€� spektakulär beschrieben hatte. Am Wochenende wurden sie in Neuss wieder beschworen. Da trafen sich sechzehn Besatzungsmitglieder von U 35 in Neuss. So halten sie es seit Jahren regelmä�Ÿig am Wohnort eines der alten Kameraden. Sie alle haben den Krieg überlebt. Ihr Boot war schon Ende 1939 verlorengegangen, sie alle waren in Gefangenschaft geraten.

Erstaunlich ist die Aktivität und sprühende Lebenslust, welche diese um 70 Jahre alten  Seebären umgibt. Faszinierende Geschichten können sie erzählen. Erich May, der das Treffen in Neuss organisierte, wei�Ÿ von einer Story, die durch viele Zeitungen ging: Nachdem das deutsche U-Boot 35 vor einem griechischen Frachter aufgetaucht war, hatten die Südländer trotz starken Sturms fluchtartig ihr Schiff verlassen. Als das U-Boot dabei war, die Griechen an Bord zu nehmen, war plötzlich ein englisches Flugzeug aufgetaucht. Doch ohne einen Schuss abzugeben, war der Engländer abgedreht, als er die Rettungsaktion als solche erkannte.

Ein anderes Mal, so berichtet Heinz Pfeifer, damals Obermaschinist, sei U 35 nach schwerer Wasserbombenverfolgung einstweilen nicht mehr hochgekommen, weil es einen Wassereinbruch gegeben hatte. Mit Hilfe der Pre�Ÿluft gelang dies schlie�Ÿlich doch. Das Boot schoss geradezu an die Oberfläche. In diesem Augenblick wurde auch schon ein englisches Flugzeug gesichtet. Das Alarmtauchen gelang dann nicht gerade vorschriftsmä�Ÿig. In Schräglage glitt das Boot auf den Grund und schlug sehr hart auf den Meeresboden, glücklicherweise hielt der Bootskörper dieser Belastung stand.

Aber U 35 wurde später doch von Engländern gewischt. Die Besatzung kam �€“ nach einem Zwischenaufenthalt im Tower von London in kanadische Gefangenenlager. Dort unternahm Heinz Pfeifer einen verwegenen Ausbruchsversuch. Als Friseur vorkleidet, konnte er mit einem Transporter das Lager verlassen und zu einer kleineren Station fahren, aus der bald ein Ausbruch gelang. Nach stundenlanger Nachtwanderung erkannte er jedoch am nächsten Morgen, dass er nur im Kreis gegangen war und versteckte sich in einem Feld. Da er seine Spuren mit Pfeffer auch für Hunde verwischt hatte, wurde er mehrere Tage hindurch nicht gefunden. Durch die Felder gut getarnt, konnte der Ausrei�Ÿer sogar Gesprächen von Soldaten lauschen, die sich wenige Meter vor ihm über den entflohenen Deutschen unterhielten. Schlie�Ÿlich wurde auch diese abenteuerliche Reise durch die kanadische Polizei beendet.

So interessant diese Geschichten auch sind, so gefährlich war die Realität. In kaum einer Waffengattung gab es so geringe �œberlebenschancen wie bei den U-Booten. �€žU 35 hat immer Glück", lautete die optimistische Devise der damals jungen Seefahrer, die sich erfreulicherweise als richtig erwies.